Déja vu — Love or Death in Las Vegas (Nr. 37)
Leseprobe
»Lena, wo ist dein Beschützer? Wo ist er?«, schrie einer der Jungs aus meiner Klasse, doch ich ignorierte ihn. Ich verließ die Schule mit einem verweinten Gesicht. Als ich den 156er sah, lief ich auf den Bus zu und stieg ein. An den Landungsbrücken stieg ich aus, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ich konnte es nicht mehr abwarten, das Wasser, die Schiffe und die vielen Menschen zu sehen, die an der Promenade und auf den Pontons spazieren gingen. Auf einem Sitzplatz saß ich nun. Der Wind schlug mir ins Gesicht. Es gibt Mädchen, die eifersüchtig auf andere Mädchen sind, doch in diesem Moment war ich eifersüchtig auf die Möwen, so lächerlich es klingt, doch es stimmte. Die Möwen konnten fliegen und einfach schreien. Ich würde gerne auch fliegen, wenn es für mich schwierig wird. Ich würde gerne auch so schreien, einfach weil ich meinen Vater vermisse. Die Wellen schlugen gegen die Fluttore. Meine Blicke waren auf den blauen Himmel gerichtet. Papa, ich vermisse dich. Ich brauche dich. Ich spürte, wie meine Augen sich mit Tränen füllten. Das Vibrieren meines Handys lenkte mich ab, so dass mein Blick auf meinem Display landete. Meine Mutter. Ich nahm ab. »Hallo.« Ich verstellte meine Stimme, weil ich nicht wollte, dass sie meine Trauer heraus hörte. »Lena, wo bist du? Komm nach Hause, Schatz«, sagte sie mit ernster Stimme. »Ich komme«, sagte ich und legte auf. Widerwillig stand ich auf und betrachtete die schöne Aussicht das letzte Mal. Das Glitzern des Wassers. Die schaukelnden Barkassen. Ich liebe diese Stadt. Als ich endlich zu Hause ankam, begrüßte ich meine Mutter mit einer kurzen Umarmung. »Hallo, Schatz.« Sie entfernte sich etwas von mir und blickte mir in die Augen. »Hast du geweint?« Ich schaute sofort überallhin, nur nicht in ihre Augen. Ich hasste es, Menschen anzulügen.